Vinoteca

„O je, Essen in Emmendingen... ein heikles Thema. Schon Goethe hat es tunlichst vermieden, bei den wenigen Besuchen bei seiner Schwester hier irgendwo …einzukehren und daran hat sich bis heute wenig geändert. In einer Region mit der höchsten Sternedichte in Deutschland stellt Emmendingen ein kleines schwarzes Loch dar. Neben der Krone in Maleck mit seinen heizbestrahlten Flamingos im Garten und dem Windenreuter Hof mit dem FC Bayern als regelmäßigem Gast leuchtet hier - nix. Beide Highlights liegen bezeichnender Weise außerhalb, in Emmendingen selbst geht offensichtlich niemand gerne Essen.

Das könnte sich nun langsam ändern. Mit der Vinoteca haben sich die Inhaber Maria Laterza und Antonello Medoro einen eigenen gastronomischen Traum erfüllt. Nachdem sie zunächst mit der Pizzeria "Piccola Venezia" erfolgreich gegen die Emmendinger Küchenlangeweile aufbegehrt hatten, haben sie nun nur wenige Meter weiter ihre Idee von italienischer Küche und Gastfreundschaft umgesetzt.

Wiederum waren sie gezwungen, aus einem hoffnungslos verbauten Geschäftslokal ein ansprechendes Ambiente zu kreieren - mit Erfolg! Im vorderen Gastraum sitzt man leicht erhöht hinter den früheren Schaufenstern, ohne sich jedoch exponiert zu fühlen. Zwischen dem offenen Thekenbereich und der Küche gelangt man in den hinteren Gastraum, der sich zum angrenzenden Gewerbebach öffnet und auch unterschiedliche Ebenen bietet.

Der Service ist ruhig und unaufgeregt, Frau Laterza leitet die Mitarbeiter souverän und unauffällig. Die Bestellungen nimmt sie selbst entgegen und erläutert gerne die Gerichte und Tagesangebote.

Die Küche bietet echte italienische Speisen, die mit der Qualität des Wareneinsatzes glänzen. Aktuell dürfen natürlich Trüffelgerichte nicht fehlen, aber auch mit den frischen Steinpilzen wird Hervorragendes produziert.

Die als Vorspeise angebotenen Carpaccio-Scheiben mit schwarzem Trüffel waren hervorragend, eine "Fantasia di Melanzane" entpuppt sich als dreierlei Käse in frisch gegrillten Auberginenröllchen - scheinbar einfach, aber perfekt zubereitet.

Eine Spezialität des Hauses sind sicher die saisonal abgestimmten Ravioli, heuer gabs Walnuß mit Kürbis oder Hirsch mit Steinpilz als sehr gelungene Füllung. Das Ganze in gut gebundener Buttersauce und großzügiger Trüffelbeigabe - Chapeau!

Dass auch das als Secondi georderte Rinderfilet a la Bruscetta keine Wünsche mehr offen ließ, rundete den Abend perfekt ab.

Aber die Vinoteca heißt nicht Vinoteca, weil Signore Medoro hervorragend kocht. Hier wird Wein verkostet - auf ungewöhnliche und höchst anregende Art:

Meine Frage nach der Weinkarte wird rundweg verneint. Vielmehr reicht man nach Aufnahme der Bestellung jedem Gast zunächst zwei passende Weine zur Auswahl, bei Nichtgefallen auch gerne zwei weitere und so fort. Zunächst ohne Hinweis auf Herkunft oder Weingut. So kamen wir zur Vorspeise zu einem sehr ansprechenden Weißwein vom Gardasee, den ich in einer Karte sicher überlesen hätte. Bei Bedarf wird dies bei jedem Gang wiederholt, die getroffene Wahl kann dann offen geordert werden. So wird jedes Essen zu einer kleinen Weinprobe, die auch vom Service mit viel Zuwendung zelebriert wird!

Vielleicht auch aus diesem Grund wurde die Vinoteca mit dem Siegel "Ospitalità Italiana" zertifiziert, das eigentlich nur an besonders gastfreundliche Hotels und Restaurants in Italien von den dortigen IHK verliehen wird. Also zwar kein Stern, aber eine hell leuchtende italienische Kerze am hiesigen Gastro-Himmel!

Aktualisierung Advent 2013:

Und diese Kerze leuchtet auch warm in besondere Richtung. Antonello Medoro richtet am Weihnachtsabend ein spezielles Menu für einsame Menschen aus - Kostenlos!

Die Einladung richtet sich an alleinstehende Senioren, auch über Emmendingen hinaus. Vorgesehen ist ein italienisches Menu mit schwarzen Trüffeln. Niemand werde abgewiesen, sagen die Wirtsleute. Eine wirkliche Geste der Nächstenliebe ganz ohne viel Gerede - meine Hochachtung! Spätestens jetzt fünf Sterne mit Herz...


Aktualisierung Juli 2016

Bis dato war die Vinoteca ein italienisches Wohlfühllokal mit guter bodenständiger Küche und fairem Preis-/Leistungsverhältnis. Nun ist sie da, die seit längerem angekündigte neue Menukarte. Sie stellt eine umfassende kulinarische Neuausrichtung dar.

Der neue Koch variiert bekannte italienische Klassiker auf moderne Art und erschließt so dem hierzu bereiten Gast neue Geschmackserlebnisse. Ein Vitello Tonnato besteht nun aus Kalbsbauchwürfeln statt der herkömmlichen Bratenscheiben, das Tonnato will keine Thunfischcreme mehr sein sondern wartet mit fruchtigen Komponenten auf. Die Pasta wird nunmehr in neuen Formen und nochmals betont al dente serviert. Der Fisch - seit jeher eine Domäne der Vinoteca - ist weiterhin von hervoragender Qualität, wird jedoch jetzt durch ungewöhnliche Saucen und Beilagen kontrastiert.

Die Portionen sind deutlich kleiner geworden. Die Küche hat sich deutlich gewandelt, der Service ist gleichbleibend herzlich und zugewandt. Der Gast ist eingeladen, sich mit den servierten Speisen auseinanderzusetzen und neue Nuancen zu entdecken. Ob die Vinoteca da den Geschmack der lokalen Klientel trifft, bleibt eine spannende Frage.

Festzustellen ist bislang eine abnehmende Auslastung, der Emmendinger stimmt gerne mit den Füßen ab. Schade wär´s, aber das Gesamtpaket stimmt nicht mehr...” Weiterlesen Text ausblenden

„Nicht Konstante Leistung.... Chefin und Service ... Olala. Tagesformbedingt”