Alain Snack

„Im Abendprogramm des selbsternannten "Männer-Senders" DMAX, der sich wohl so betitelt, weil es in vielen der gezeigten Serien und Dokumentationen um a…ngebliche "Männer-Themen" ging wie zum Beispiel das Aufmotzen von Autos und Motorrädern, das Verdrücken lächerlich großer Fleischberge und des nachts in den Werbepausen belastenderweise fast ausschließlich um Silikonbrüste in Wasserball-Optik und die Telefonnummern, unter denen man die zumeist obskur tätowierten Stützen der Gesellschaft, die mit eben diesen aufgepumpten weiblichen Geschlechtsmerkmalen bestückt waren, erreichen konnte.

...wow, was für ein Satz. Das war so nicht geplant. Ok, weiter...

...auf eben diesem Sender blieb ich eines Abends an einem TV-Format namens "Ein Tag, ein Mann, eine Stadt" hängen, einer Art Reise-Doku, in der der Moderator eine Metropole für 24 Stunden besucht und dabei versucht, möglichst viele nicht-touristische Eindrücke mit zu nehmen, indem er Empfehlungen von Kennern besagter Stadt folgt. Er war grad in der Hauptstadt unterwegs und hetzte nicht wie alle anderen zum Brandenburger Tor oder zu Konnopke`s Curry-Imbiss, sondern versuchte, zumindest ansatzweise am "Untergrund" zu kratzen.

Ihm wurde "Alain Snack" an der Schönhauser Allee empfohlen, ich weigere mich zu glauben, dass die Lokation tatsächlich "Untergrund" und "nur Kennern Berlins bekannt" ist, denn dafür ist die Lage direkt am nördlichen Ausgang der U2-Station "Schönhauser Allee" einfach viel zu prominent - aber gut.

Ich war in den letzten Jahren regelmäßig am Laden mit dem knallbunten Namens-Schriftzug auf dem Dach vorbei gelaufen, kannte ihn also schon, war aber noch nie angehalten, um mal zu probieren.

Nachdem die empfohlene Kettwurst im TV aber durchaus gut weg kam und ich recht gespannt war, wie das (Zitat) "Relikt aus DDR-Zeiten" denn wohl schmecken würde, bin ich dann beim nächsten Hauptstadt-Besuch, als Kumpel M. wieder mal ins Büro musste, von Tiergarten rauf in den Prenzlauer Berg gefahren und nach kurzer Suche (ich war zuerst auf der falschen Seite aus der Station raus gelaufen) habe ich "Alain Snack" dann gefunden.

Ein kleiner Laden an der Ecke Schönhauser Allee/Dänenstraße, vor mir war nur ein älterer Herr an der Reihe, anscheinend ein Stammkunde, es wurde über Gott und die Welt gequatscht, als ich mich näherte.

Das Gespräch wurde aber sofort unterbrochen, als ich als neuer Kunde erkannt wurde - das ist prima, allerdings hatte ich es gar nicht eilig und hätte gern noch ein wenig herum geschaut. Ein Bekannter hatte mir vorher von der "legendären schlechten Laune" der Mitarbeiter erzählt, von der habe ich nicht eine Spur bemerkt. Und ich war inzwischen mehrmals dort. Ich wurde immer sehr freundlich angelächelt, klar, mal ein lockerer Spruch, aber es ist eben Berlin. Das ist normal und ich mag das sehr. Von Unfreundlichkeit waren sämtliche Menschen, die mir dort meine Wünsche erfüllten, meilenweit entfernt.

Ich bestellte also meine Kettwurst und bekam diese 30 Sekunden später in die Hand gedrückt. Zum schmalen Kurs von...ich weiß es leider grad nicht genau...2,10EUR? 2,30EUR?...auf jeden Fall für einen vollkommen okayen Preis.

Was ist jetzt eine Kettwurst? Eine Kettwurst, so wurde mir dann erzählt, ist das DDR-Pendant eines Hot Dogs. Ein weiches, sehr fluffiges Brötchen, ein Hot Dog-Brötchen, das nicht an einer Seite offen ist quasi, in dessen einzige Öffnung eine in warme Ketchup-Soße getunkte Wurst gesteckt wird. Ganz simpel.

Es handelt sich aber nicht um ein Hot Dog-Würstchen oder eine Wiener o.ä., die Kettwurst ist eine eigene Kreation (so hieß es zumindest in der TV-Doku und ich habe das nicht weiter hinterfragt). Sie ist deutlich dicker als ein Wiener Würstchen, von der Konsistenz und vom Geschmack aber doch ähnlich. In Kombination mit dem Ketchup und dem leicht süßlichen Brötchen auf jeden Fall eine echt leckere Geschichte! Noch dazu relativ kleckerfrei! Ich bin ein großer Könner darin, mich mit Essen "auf die Hand" von oben bis unten voll zu kleckern, einen Döner "aus der Hand" zu essen ist im Prinzip unmöglich, gleiches gilt für ein Standard-Hot Dog. Das habe ich vor ein paar Tagen erst probiert. Mit unansehnlichen Folgen.

Bei der Kettwurst klappt es! Nur der erste Bissen ist anspruchsvoll, weil die Ketchup-Soße sich weigert, im Inneren des Brötchens zu bleiben. Ein physikalisches Problem... Außerdem vermute ich, dass man es als Bartträger generell schwerer hat, diese echt leckere "Szene-Wurst" (lol!) zu verdrücken. Aber was ist schon ein Klecks Ketchup im Bart, wenn das Gesamtprodukt so gut ist?

Neben Kettwurst gibt es natürlich auch alles andere, was ein Imbiss halt so im Angebot hat. Bratwurst (auch in Bio und vegetarisch), Currywurst, Bulette, Fritten...all das Zeug habe ich nicht probiert, da ich nach dem ersten Test immer wieder die Kettwurst bestellt habe, für die ist "Alain Snack" ja schließlich auch bekannt.

Das ganze andere Zeug ist auch zu vollkommen zivilen Preisen zu erstehen und ich bin mir relativ sicher, dass es ebenfalls prima schmeckt. Ich habe gehört, dass es die Curry wohl nur "ohne" gibt (Ost-Berlin-style eben), allerdings hatte ich Anfang des Jahres anderswo meine erste Curry "ohne" und habe jegliche Bedenken abgelegt, dass das nicht schmecken könnte. Ich würd drauf wetten, dass sie auch hier gut ist.

Wie das bei Curry-Buden nun mal so ist, gibt es keine Sitzplätze. Dafür einige, mit einem schweren Plastik-Vorhang gegen Wind und Wetter abgeschirmte Stehplätze. Viele Gäste haben nicht Platz, aber für zehn oder zwölf wird`s schon reichen.

Dooferweise habe ich außer dem einen von der Außenansicht keine weiteren Bilder gemacht. Neben dem kleckerfrei "aus der Hand" essen kann ich nämlich auch nicht einhändig mit dem Handy fotografieren...und weder mein Handy noch mein Essen wollte ich jemand anderem ohne Kampf aushändigen. Ich hole ein Foto (oder mehrere) nach, wenn ich das nächste Mal in Berlin bin.
(Hoffentlich im Februar, denn da spielen zwei sehr gute Freunde ein Konzert und das will ich nicht verpassen. Ich würd ja gern den Jungs zuliebe ein wenig werben, aber ich schätz mal, dass das nicht erlaubt ist...).

So verbleibe ich mit vier verdienten Sternen für "Alain Snack", gutes, günstiges und auch noch "kultiges" Essen, keine vollwertige Mahlzeit, klar, aber für den Hunger zwischendurch passt das allemal. Ich habe hier definitiv nicht zum letzten Mal gegessen! Im Gegenteil, ich freu mich auf den nächsten Besuch!” Weiterlesen Text ausblenden