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Anneliese52
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25.01.2025
golocal
„Nach dem Tod meines Mannes, die Liebe meines Lebens, mit dem ich 52 Jahre verheiratet war, verstarb plötzlich und unerwartet, und ließ mich in einen t…iefen Abgrund stürzen. Wir waren ein eingeschworenes Team, erledigten alles gemeinsam. Und plötzlich war er nicht mehr da. Die Gewissheit ihn nie wieder sehen, hören und spüren zu können war für mich ein unerträglicher Schmerz; eine klaffende Wunde die nicht heilt. Ich zog mich immer mehr zurück, vernachlässigte mein Leben und meine Hobbys, war nur noch traurig und ohne Perspektive für die Zukunft, die mir relativ egal geworden war. Ob ich an Selbstmord dachte? Nein. Aber mir war das Leben egal geworden.
Die seelische Qual hatte letztendlich körperliche Auswirkungen - ich war erschöpft, schwindlig, meine Herzrhythmusstörungen nahmen zu und nachts konnte ich nicht schlafen, dafür verbrachte ich den ganzen Tag im Bett und schlief. Essen und Trinken war mir ebenso egal geworden, und so begann der Teufelskreis aus Muskelschwäche, körperlicher Schwäche und starker Gewichtsabnahme. Als es irgendwann an der Haustür klingelte, und ich mich mühsam aus dem Bett erhob und öffnete, bekam ich einen Zusammenbruch. Medizinischer Notfall, ich kam mit dem Rettungswagen in das Helios Klinikum in Aue. Für mich kein unbekanntes Krankenhaus. Hier war ich schon des öfteren. Notaufnahme folgte, anschließend die offene Psychiatrie, eine Station, auf der auch Besuch empfangen werden konnte. Das es so weit kommen würde, hätte ich niemals gedacht. Aber so etwas kann jedem passieren.
Doch die nächsten 4 Wochen wurden für mich zur Hölle. Angefangen bei dem Bezug meines Zimmers: zwei Schwestern und ein Pfleger wiesen mich ein, erklärten mir alles. Eine Schwester davon kontrollierte meine Tasche, die mir meine Enkelin mit allem was man braucht, in die Notaufnahme gebracht hatte. Meine notwendigen Herzmedikamente wurden mir sofort entwendet, ebenso mein Allergienasenspray. Es war Sommer und mein lebenslanger Heuschnupfen plagte mich. "Muss der Chefarzt entscheiden, ob die Medikamente nötig sind", kam es von der Schwester, obwohl ich einen Medikamentenplan bei mir hatte. Ich fand mich damit ab, vertraute darauf, dass ich meine Medikamente wieder bekam oder zumindest von der Klinik mir in entsprechender Dosis gegeben worde.
Ich schaute mich um, begrüßte meine Bettnachbarin, die unter Schizophrenie litt.
Sie war von Anfang an nett und freundlich, man konnte sich gut mit ihr unterhalten, obwohl sie nur gebrochen Deutsch sprach, denn sie war Russland-Deutsche. Aber ihre späteren Erzählungen über Kasachstan lenkten mich vom Klinikalltag ab.
Das sehr große Zweibettzimmer bestand aus einem wuchtigen dunklen Kleiderschrank am Fußende meines Bettes, dass viel zu klein und schmal direkt an einer Wand stand. Drehte ich mich nach rechts, landete ich unweigerlich mit der Nase an der Wand. Das andere Bett stand längs zu meinem Bett. Sein Fußende war direkt an meinem Kopfende. Weshalb das so große Zimmer so ungünstig eingerichtet war, entzog sich meinen plausiblen Gedanken. Ansonsten war das Zimmer sehr hell, fast grell, da nach Süden ausgerichtet und eine lange Fensterfront von morgens bis abends die Sonne herein scheinen ließ. Angenehm? Nein! Das Zimmer heizte sich wahnsinnig ab der Mittagszeit auf. Vorhänge gab es nicht, ebenso keine Jalousienen. Und da auf solchen Stationen es keine Fenstergriffe gibt und man nicht selbstständig die Fenster öffnen kann, glaubte ich irgendwann einen Hitzschlag zu bekommen. Mein Konsum an Wasser war unerschöpflich. Wie sich herausstellte, öffnete sich 1 (!) Fenster von der gesamten Fensterfront alle halbe Stunde automatisch, blieb für 30 min offen und schloss sich dann wieder für 30 min automatisch. Tag und Nacht hörte man das nervige Klick-Klack. Einen Panoramablick gab es nicht. Man schaute auf das Klinikgebäude davor, dessen Fenster das grelle Sonnenlicht reflektierten und man im eigenen Zimmer nur geblendet wurde. Nachts schien das Licht herein von den gegenüberliegenden Bürozimmern der Ärzte die Nachtschicht hatten. Und immer wieder Klick-Klack und ein Klopfen an der Wand eines Patienten im Nebenzimmer.
Aber dies waren nicht die einzigen Geräusche, die mich Tag und Nacht wach hielten. Meine Bettnachbarin führte lange Gespräche mit imaginären Personen - meist nachts. An Schlaf war da nicht zu denken. Auch nicht, weil in den Nebenzimmern geschrien oder lautstark um Hilfe gebettelt wurde. Ich bekam kein Auge zu, obwohl ich müde war. Hinzu kam der Fußboden auf dem Gang, wo ein ständiges Getrampel Tag und Nacht vorherrschte. Am schlimmsten war die Waschanlage der Eimer von den Toilettenstühlen, die nachts einen Höllenlärm verursachte. Und tagsüber hörte man das Getrampel über sich - da befand sich die Sporthalle.
Das Bad hatte kein Fenster, dementsprechend roch es müffelig. Der Abfluss in Toilette und Waschbecken funktionierte nicht. Die Dusche konnte nicht benutzt werden, weil nur kaltes Wasser floss. Haare waschen ging nur sporadisch und kompliziert über dem Waschbecken. Die Toilette war so niedrig, dass meine Knieschmerzen zu nahmen.
Am ersten Tag wartete ich auf meine Medikamente - bekam sie nur in halber Dosis. Nach meiner Frage warum, sagte man mir, die Dosis wird reduziert, ich nehme zuviel von dem Zeug. Herztabletten die ich zeitlebens mit derselben Dosis eingenommen hatte, wurden einfach reduziert! Ich war fassungslos! Das Ergebniss: schlimmere Herzrhythmusstörungen und Kreislaufbeschwerden. Auch nachts. Ich klingelte nach den Schwestern, die steckten den Kopf herein, meinten, ich sollte mich nicht so anstellen. Dies hörte ich in den nächsten Wochen ständig - nicht nur mir gegenüber, sondern auch anderen gegenüber. Die Pfleger und Schwestern machten morgens auf dem Gang Witze über Patienten die nachts geschrien hatten. Ich konnte nur den Kopf schütteln. Ein Pfleger und zwei Schwestern, darunter eine in der Ausbildung, waren freundlich und hilfsbereit. Die anderen waren übellaunig, frech, sarkastisch, schrien einen an oder man wurde ausgelacht. Als eine Schwester mich anschrie, schrie ich zurück: "Nicht in diesen Ton mit mir!"
Meine Medikamente bekam ich in der üblichen Dosis erst nach dem 3. Tag. Drei Tage ging ich gesundheitlich durch die Hölle und Schwestern, Pflegern und Ärzten war es völlig egal!
Die Ärzte - ja, ich würde sie bewerten, wenn man sie gesehen hätte. Abgesehen vom Chefarzt, der, wenn er mal Lust hatte entweder Dienstag oder Freitags Visite für wenige Sekunden machte, war freundlich. Obwohl er russische Wurzeln besaß, sprach er sehr gutes Deutsch. Die Assistenzärzte, zwei an der Zahl, waren nur die Vermittlung zwischen Patient und Chefarzt. Weiter nichts. Ansonsten bekam man den lieben langen Tag keinen Arzt zu Gesicht.
Die Therapie? Ist im Helios Klinikum Aue ein absoluter Witz! Wer wirklich seelisch krank ist, dem empfehle ich nicht diese Klinik! Warum? Es gibt keine Gesprächstherapie. Eigentlich der Grundpfeiler in der Therapie eines seelisch kranken Patienten, wird sie hier nicht angewandt! Stattdessen bekommt man noch am ersten Tag einen Stundenplan überreicht: Musiktherapie, Sporttherapie und Ergotherapie. Wer sich dagegen sträubt, kann die Klinik verlassen. Tagtäglich dasselbe und man glaubt in der Schule in der 1. Klasse zu sein. Hat weder bei mir, noch bei anderen, mit denen ich ins Gespräch kam, geholfen.
Das Essen war eine weitere Katastrophe. Auf anderen Stationen habe ich schon ähnliche Erfahrungen gemacht, aber das hier war der Gipfel! Toastbrot uralt und trocken, nicht mehr genießbar. Die Schmierwurst ebenfalls alt, ebenso Salami und andere Aufschnittwurst. Ein Trauerspiel! Morgens bekam man zur Auswahl schwarzen Kaffee oder ungesüßten Pfefferminz- oder Früchtetee von gaaaaanz schlechter Qualität. Aber besser als die schwarze Brühe. Außer Marmelade und Honig gab es nichts anderes. Total einseitig! Am Abend bekam man als Gemüsebeilage eine riesige fette Gewürzgurke oder ein Stück Salatgurke. Ohne Messer nicht essbar....
Das Mittagessen war reichlich, aber fad und geschmacklos. Das Highlight war hier in den vier Wochen ein Gemüseeintopf. Der war wirklich schmackhaft. Ansonsten ging mein Essen kommentarlos zurück. Ich verlor immer weiter an Gewicht, baute total ab.
Was mich auch noch störte, war der unangenehme Geruch, der nicht nur in den Zimmern hing, sondern überall - aufdringlich süßlich undefinierbar nach Curry. Igitt! Ich bekam davon Kopfschmerzen. Und täglich kamen die Reinigungskräfte auch nicht. Höchstens zwei oder dreimal in der Woche.
In den Wochen meines Klinikaufenthalts gab es nicht nur schönes Wetter, sondern auch eine kalte Phase mir Regenwetter. Da die Fenster von niemandem zu öffnen oder schließen gingen, fror man nicht nur tagsüber, sondern vorallem nachts. Ein unerträglicher Zustand!
Nach vier Wochen zog ich die Reißleine - keine vernünftige Therapie die mir half, Ärzte die sich nicht blicken ließen, Schwestern und Pfleger (bis auf 3 Personen) die völlig ungeeignet waren, um mit derartigen Patienten umzugehen und so verhaltensauffällig waren, dass nicht nur ich der Meinung war, dass die selbst eine Therapie benötigten. Dass Essen war minderwertig, dass Bad funktionierte nicht. Hinzu kamen all die anderen schlimmen Unanehmlichkeiten. Patienten wurden sich selbst überlassen und nicht beruhigt. Beruhigungstabletten bekam man auf dieser Station nicht. Keiner. Daher das Schreien und die anderen undefinierbaren Laute nachts aus den anderen Zimmern und die Schwestern machten bei allen Patienten Angst, wenn sie anderer Meinung waren oder einen Wunsch/Bitte äußerten: "Du willst wohl auf die geschlossene Station kommen?" Einschüchtern konnten Sie wirklich gut. Helfen nicht.
Ich ließ mich nach einem Gespräch mit dem Chefarzt selbst entlassen. Vier Wochen vertane Zeit, in dem mein Körper total abgebaut hatte. Einen ambulanten Termin bekam ich in keiner der wenigen Praxen in der Region. Meine Alternative: wieder zurück in die Klinik oder selbst sich therapieren. Ich wählte Letzteres. Auch wenn es ein langer Weg war und beschwerlich, ich heute noch Tage habe, wo ich zu nichts Lust habe und in tiefer Trauer mich vergrabe - dann versuche ich selbst mich zu motivieren, gehe wandern oder koche, nähe schöne Sachen oder stricke. Mit fällt immer was ein. Und so kuriere ich meine wunde Seele selbst aus.
Anmerkung: der Entlassungsbericht war so voller Ausdruck-, Rechtschreib- und Grammatikfehler, dass ich mich fragte, wie diese Ärzte das Abitur und das Stadium geschafft haben!
Nach dem Klinikaufenthalt schlief ich drei Tage am Stück durch, nur mit kurzer Unterbrechung für Trinken, Essen und Toilette. Ich war total erschöpft und brauchte weitere 2 vollle Monate um mich von den Klinikstrapazen zu erholen. Diese Station im Helios Klinikum Aue? Nie, nie wieder! Hier wird niemanden geholfen! Man kommt höchstens kränker wieder heraus!”
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